Vorteile von Digitalen Informationszwillingen im Vorfeld von leittechnischer Modernisierung bzw. Ertüchtigung von Altanlagen

Kraftwerkstechnisches Kolloquium der TU Dresden, 10/2024

1. Ausgangssituation: Fehlende Basis für ein belastbares Angebot

Die Entscheidung zur Erneuerung der leittechnischen Anlagen bei Kraftwerken ist oft Teil einer umfassenden Erneuerungsstrategie, die sowohl die Leittechnik als auch die Bau-, Maschinen- und Anlagentechnik betrifft.

Aktuelle und valide R&I-Fließbilder (Rohrleitungs- und Instrumentenfließbilder) spielen bei der leittechnischen Ertüchtigung eine entscheidende Rolle, um die Anforderungen moderner Produktionsumgebungen zu erfüllen und die Effizienz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu gewährleisten.

Für die Planungs- und Angebotsphase ist eine genaue Kenntnis der Ausgangssituation erforderlich. Viele Ordner, Dateien, Pläne usw. sind vorhanden – weit verteilt, zusammenhanglos, Aktualität unklar. Mit eigenem Personal zusätzlich zum Betrieb eine belastbare Informationsbasis zu erschaffen – eine kaum erfüllbare Aufgabe.

Zunächst ist es wichtig, die Ursachen zu kennen, um diese künftig systematisch zu vermeiden. Hauptursachen sind:

1.1. Daten in verteilten Archiven und unterschiedlichen Zustandsformen

Ca. 20.000 Einzeldokumente sind allein zur Planung, zum Aufbau und zur Inbetriebnahme eines Kraftwerkes notwendig. In der Betriebsphase kommen kontinuierlich viele weitere Dokumente hinzu. Oft sind sie noch in hunderten Ordnern in über das Betriebsgelände verstreuten Archiven abgelegt oder in (persönlichen) digitalen Archiven verstreut. Die darin enthaltenen wichtigen Informationen sind ohne Digitalen Informationszwilling nicht operabel nutzbar (Abbildung 1).

Die Suche nach den benötigten Dokumenten ist also aufwändig und deren Aktualität häufig ungewiss. Dies gilt auch für die R&I-Schemata, auf deren Informationen die Modernisierung der Leittechnik fußt.

Abb. 1: Herkömmliche Datenstruktur in Bestandsanlagen mit Modernisierungsbedarf

1.2. Veraltete Pläne

Kraftwerke befinden sich in einem ständigen Wandlungsprozess: Eine Anpassung der entsprechenden Pläne bleibt oft aus. Die Folgen: Nicht nur im täglichen Betrieb kann es dadurch zu zeitlichen Verzögerungen oder gar zu Fehlentscheidungen kommen, es fehlt auch die belastbare Basis für Modernisierungen. Für die leittechnische Ertüchtigung sind R&I-Fließbilder, die den ASBUILT-Stand der Anlage wiedergeben und mit weiterführenden Informationen verknüpft sind, unumgänglich. Nur so kann schnell und auf valider Basis entschieden werden.

1.3. Langjährige Know-how-Träger sind im Ruhestand

Know-how im Gedächtnis der Menschen war und ist der schnellste Speicher. Das heißt aber auch, dass die Informationen nur von den Personen abgerufen werden können, die sie besitzen und vor Ort oder zumindest erreichbar sind. Dies kann zu Problemen führen, wenn der Know-how-Träger nicht verfügbar ist – mittlerweile eine Standard-Situation in Altanlagen. Dort ist der Anteil an erfahrenen Mitarbeitern immer geringer, da sich die Babyboomer-Generation (1946–1964) mehrheitlich im Ruhestand befindet.

2. Ziel: Dokumentation des aktuellen Ausprägungszustandes als notwendige Planungsbasis

Modernisierungsprojekte, die auf einer lückenhaften und teils falschen Informationsbasis fußen, resultieren zwangsläufig in unkalkulierbare Risiken bei der Umsetzung. Dies gilt es zu vermeiden – um Nerven und Kosten zu sparen und die Projektphase möglichst schnell erfolgreich zu realisieren.

Jedes eine Altanlage betreffende Projekt sollte folglich zwingend mit der Dokumentation des IST-Standes beginnen. Hierzu ist im ersten Schritt eine AS-BUILT Aufnahme im Rahmen einer Anlagenbegehung erforderlich. Roteinträge im R&I-Schema markieren Planabweichungen, die dann digital aktualisiert werden.

Bestehende Papierarchive müssen unter Verwendung von musterbasierter OCR-Texterkennung (OCR steht für optical character recognition, also optische Zeichenerkennung) gescannt werden, sodass jegliche Informationen digital operabel verfügbar sind und genutzt werden können.

Des Weiteren ist es gerade bei Projekten mit diversen Lieferanten essentiell, dass alle Beteiligten stets Zugang zu aktuellen Informationen haben. So können Aktualisierungen im frühestmöglichen Projektstadium berücksichtigt und Korrekturen samt Kostenexplosion und Verschiebung des Zeitplans weitestgehend vermieden werden.

Ein dem Prozess entsprechender Dokumentenbestand ermöglicht neben einer realistischen Planung später auch ein schnelles, sicheres und gesetzeskonformes Arbeiten mit der Anlage.

Diesen zu erstellen ist in Zeiten knapper Budgets und geringer Mitarbeiterdichte eine durchaus anspruchsvolle und ohne softwareseitige Unterstützung scheinbar unlösbare Aufgabe.

3. Lösung: Digitaler Informationszwilling – Definition

Eine technische Anlagendokumentation ist eine Sammlung von Informationen über eine technische Anlage, wie z. B. ihre Funktion, Struktur, Komponenten, Betriebsanweisungen und Wartungspläne. Die technische Anlagendokumentation dient als Grundlage für die Erstellung und Aktualisierung von Digitalen Zwillingen, die wiederum zur Modernisierung, Optimierung, Überwachung und Steuerung der technischen Anlage genutzt werden können. Doch wie kann man diese Informationen effizient und übersichtlich zugänglich machen, ohne sich durch zahlreiche Dokumente zu wühlen? Ob digital oder analog – beides ist zeitaufwendig und nervenraubend. Die Antwort darauf ist der Digitale Informationszwilling. Dieser ist eine digitale Abbildung der realen Anlage, inklusive aller verfahrensrelevanten und auch leittechnisch angebundenen Komponenten, die alle Informationen aus der technischen Anlagendokumentation in einer webbasierten Plattform integriert. Der Digitale Informationszwilling ermöglicht es, die Anlage virtuell zu betrachten, zu analysieren und zu optimieren. Er ist somit ein sinnvoller ganzheitlicher Ansatz im Rahmen der Industrie 4.0 und bietet einen Mehrwert für alle Beteiligten, von den Betreibern, über die Instandhalter bis hin zu den Planern und Ingenieuren.

Die Technologie des Digitalen Zwillings unterstützt die leittechnische Ertüchtigung, indem sie eine präzise Abbildung der Anlage in der digitalen Welt schafft und dadurch eine bessere Übersicht und vorausschauende Planung des Projektes ermöglicht.

4. Erstellung des Digitalen Informationszwillings

„Für die leittechnische Ertüchtigung müssen wir doch nur die R&I-Schemata aktualisieren“, könnte der Gedanke eines Verantwortlichen sein. Ja und nein. Gerade Geschäftsführer und Betriebsleiter sollten hier das große Ganze betrachten und Synergien nutzen. Denn stimmen die R&Is nicht mit der Realität überein, gilt dies mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch für die Gesamt-Dokumentation und deren Verfügbarkeit. Um das Haftungsrisiko zu minimieren und so dem Organisationsverschulden Rechnung zu tragen, sollte im Zuge der für die Aktualisierung der R&Is im Rahmen einer Anlagenbegehung diese auch gleich systematisch nach KKS/AKZ gekennzeichnet werden (Abbildung 2). Ein weiterer Schritt ist die echte Digitalisierung sowie Aktualisierung der Technischen Dokumentation.

All diese Informationen, plus optional die Anbindung bestehender Daten führender Systeme, werden im Digitalen Informationszwilling zentral zusammenfassend dargestellt – und später täglich im Betrieb genutzt.

Abb. 2: Prinzip der Erstellung eines Digitalen Informationszwillings

4.1. As-Built-Aufnahme

Am Beispiel des in Abbildung 3 gezeigten, während einer Anlagenbegehung zunächst händisch aktualisierten, R&I-Fließbildes wird deutlich, wie sehr der ASBUILT-Stand typischerweise von den Plänen abweicht. 

Abb. 3: R&I-Fließbild mit Roteinträgen als Resultat der Anlagenbegehung

Die Abweichungen (Roteinträge) werden später im digitalisierten, intelligenten R&I-Fließbild (Abbildung 4) umgesetzt. Das Fließbild wird als intelligent bezeichnet, da auch beispielsweise Ventilstellungen dargestellt werden können. Dies bietet insbesondere für Freischaltungen zusätzliche Sicherheit.

Abb. 4: Intelligentes R&I-Fließbild

4.2. Anlagenkennzeichnung nach KKS/AKZ – Zentrales Ordnungssystem für dezentrale Systeme

Ein zentrales Ordnungssystem in Form eines Kennzeichensystems und eines Dokumentenartenschlüssels bildet die Basis für alle weiteren Maßnahmen im Kraftwerk. Wir sprechen hier im Weiteren von Kennzeichnungsdaten (KKS, EKS, AKS, AKZ, RDS-PP, Kennzeichnungssystem im Allgemeinen) und Sekundärdaten (DCC, UAS, DAS, Revision, Ersteller, Metadaten im Allgemeinen). Die Kennzeichnungsdaten beschreiben das Bauteil funktionell auf System- und Aggregatebene. Die Sekundärdaten geben Aufschluss, welche betreiberrelevante Information darin zu finden ist. Allein die Möglichkeit, hersteller- und typunabhängig zu vergleichen, rechtfertigt den Aufwand und die Investition in eine funktionsbezogene Kennzeichnung.

Enthält die Kennzeichnung vor Ort zusätzlich einen QR-Code, kann dieser mit dem Handy oder Tablet gescannt werden (Abbildung 5). Er ermöglicht den direkten, schnellen Zugang zu allen das Kennzeichen betreffenden aktuellen Daten und Dokumenten als valide Entscheidungsgrundlage.

Abb. 5: Anlagenkennzeichnung nach KKS/AKZ und QR-Code mit Nutzungsmöglichkeiten

4.3. Digitalisierung vorhandener Dokumente

Digital ist nicht gleich digitalisiert. Echte Digitalisierung der historischen Bestandsdokumentation zeichnet sich dadurch aus, dass

  • Register zu Lesezeichen im PDF werden,
  • das OCR-Verfahren zur Extraktion der Informationen angewendet wird,
  • auch (vergilbte) Großformate digitalisiert werden.

Kennzeichen werden in PDF-Dokumenten erkannt und gelesen. Darauf basierend kann geeignete Software eine neue Baumstruktur anlegen oder eine bestehende ergänzen. Der Dokument-Typ wird ebenfalls identifiziert, entsprechend betitelt (Datenblatt, Montageanleitung, Konformitätserklärung…) und einsortiert. So kann für die Pflege des Digitalen Informationszwillings der Zeitaufwand um ca. 80 % reduziert werden.

Alle echt digitalisierten Dokumente werden in operable Daten verarbeitet. Somit werden sie nach Stand der Technik vielseitig nutzbar gemacht (vgl. Kap. 5 und 6) und stehen auch bereit zur digitalen Weiterverarbeitung, beispielsweise für Predictive Maintenance.

4.4. Schnittstellen – Einbindung vorhandener datenführender Systeme

Der in einer geeigneten branchenspezifischen Plattform realisierte Digitale Informationszwilling schafft Ordnung und Übersicht – es ist DAS EINE Portal für alle Informationen aus allen relevanten bestehenden Systemen (Abbildung 6). Über Schnittstellen können die Informationen/Daten/Dateien aus datenführenden Systemen zentral im Digitalen Informationszwilling als HTML-Abbild dargestellt und operabel genutzt werden.

Ist kein Dokumentenmanagement-System (DMS) im Einsatz, kann die Plattform zusätzlich diese Funktion übernehmen.

Abb. 6: Datenführende Systeme als Single-Source-of-Truth für den Digitalen Informationszwilling

5. Nutzung des Digitalen Informationszwillings im Vorfeld von leittechnischer Modernisierung

Die eingangs definierte erforderliche valide Planungsgrundlage zur Aufwands-, Zeit- und Kostenabschätzung ist durch den Digitalen Informationszwilling gegeben.

Soll die Leittechnik auf eine neue Automatisierungsstufe gehoben werden, kann dies nun auf Basis eines digital für alle Projektbeteiligten verfügbaren R&I-Fließbildes verlässlich geplant werden. Präzisere Ausschreibungen, detailliertere Angebote und realistischere Aufwands- und Kostenkalkulationen ermöglichen für alle Projektbeteiligten im gesamten Verlauf eine Basis, auf der erhöhte Zufriedenheit, weniger Stress und bessere Planbarkeit die Ziele leichter erreichbar macht.

Und vor allem eines: Durch die webbasierte Bereitstellung vereinfacht sich die Zusammenarbeit. Da alle relevanten Dokumente und Informationen digital vorliegen und in der Baumstruktur leicht auffindbar sind, ist die so wichtige Kollaboration aller Projektbeteiligten gegeben.

Für die Projektphase können auch projektspezifische Dokumente in der Software abgelegt werden, sodass das Tool die Single-Source-of-Truth ist. Jeder hat so immer und von überall Zugriff auf den aktuellen Stand.

Beziehungen machen den Unterschied

Die Spiegelung des Anlagenkennzeichnungssystems (z. B. KKS, AKZ, RDS-PP) als Baumstruktur ermöglicht schnelles Zurechtfinden und Navigieren zu den gewünschten Informationen. Es stellt die Beziehungen einzelner Bauteile im Anlagenkontext dar. Dies ist wichtig, um die Möglichkeiten heutiger Software-Intelligenz für moderne technische Betriebsführung zu nutzen. Diese Fähigkeit ist auch der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen DMS-Systemen. Auch die Anforderungsdefinition in Modernisierungsprojekten, wie z. B. der leittechnischen Ertüchtigung, kann dank übersichtlicher Darstellung aller relevanten technischen Abhängigkeiten schneller und richtiger erstellt werden.

6. Technische Betriebsführung next level – Nutzung des Digitalen Informationszwillings nach der Modernisierung

Wie in Kapitel 1 angedeutet, ist der Digitale Informationszwilling weit über seine essentielle Rolle bei der Modernisierung bzw. leittechnischen Ertüchtigung hinaus die Basis für moderne technische Betriebsführung. Seine Systematisierungs- und Automatisierungsaspekte sind wirkungsvolle Mittel gegen die typischen Herausforderungen in Bestandsanlagen: Personalknappheit bzw. im Vergleich zu früher relativ kurzen Betriebszugehörigkeiten, die Frage nach der Aktualität der Dokumentation und die Verfügbarkeit valider Informationen für schnelle Entscheidungen, wenn es darauf ankommt.

Die leittechnische Ertüchtigung ist also ein sehr guter Zeitpunkt, die Vergangenheit aufzuarbeiten und so den Betrieb verantwortungsvoll, sicher und zeitgemäß softwaregestützt zu führen.

6.1. Den Datenschatz des Beziehungswissens heben: Kontext zwischen Bauteilen – Abhängigkeiten nutzen

Werden technische Strukturen KKS/AKZ-basiert dargestellt, können multidimensionale Abhängigkeiten erkannt und dieses Wissen genutzt werden, z. B. zur Erstellung von Freischaltlisten, Instandhaltungsplänen, Störmeldungen oder Arbeitsanweisungen (Abbildung 7).

Abb. 7: Vorgänge im Zusammenhang mit dem Anlagenspiegel

Hier einige Anwendungsbeispiele:

6.2. DIZ in der Instandhaltungsplanung

Der wohl offensichtlichste Zweck des Digitalen Informationszwillings ist die Nutzung aller vorhandenen Informationen zur Instandhaltungsoptimierung.

Diese vorausschauend zu optimieren und alle Notwendigkeiten ständig im Blick zu haben – das ist für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von Kraftwerksanlagen unverzichtbar. Dank regelmäßigen Inspektionen, Wartungen und gegebenenfalls Instandsetzungen können sie die Anlagenverfügbarkeit gewährleisten und die Kosten für Schäden minimieren. Dazu benötigt man:

  • ein zentrales Ordnungssystem,
  • einheitlichen Sprachgebrauch,
  • die verfahrenstechnische Darstellung des Anlagenzustands im Betrieb und bei Wartung/Instandhaltung (Freischaltung),
  • eine transparente Anlage als Grundvoraussetzung für sicheres Handeln.

Ein auf diesen Informationen basierender digitaler Schatten ermöglicht echte Instandhaltung 4.0.

6.3. DIZ im Digitalen Freigabemanagement

Die Digitalisierung des Freigabe-Managements ist ein wichtiger Schritt, um die Zukunftsfähigkeit der Anlagen zu sichern. Durch den Generationenwechsel und den bevorstehenden Ruhestand der letzten arbeitenden Babyboomer droht ein Verlust von wertvollem Wissen und Erfahrung. Um dem entgegenzuwirken, müssen die Mitarbeiter in die digitalen Prozesse eingebunden und geschult werden. Außerdem kann die Digitalisierung helfen, den Fachkräftemangel zu mildern, indem sie die Arbeit effizienter und attraktiver gestaltet.

6.4. DIZ bei Stör- und Mängelmeldungen

Der Digitale Informationszwilling ist Basis einer Instandhaltungsplanung und aller weiteren Vorgänge in Bezug auf die Anlage und die Aufgaben, die für deren Betrieb notwendig sind.

Störungen werden nicht nur aufgenommen, sondern aufbereitet und sofort an alle zuständigen Bearbeiter im Unternehmen und ggf. auch an Auftraggeber oder Dienstleister weitergeleitet. Bei der Aufnahme von Mängeln und Störungen können neben Kennzeichen-Texten auch Fotos, Unterschriften, Spracheingaben und GPS-Koordinaten erfasst werden. Wer wann die Störung erfasst hat, ist jederzeit nachvollziehbar. Erfasste Mängel können in zu erledigende Aufgaben umgewandelt werden und unterliegen dann dem normalen Workflow.

Die Mängelmeldung beschreibt einen Mangel an einem Bauteil oder System. Die Definition und der Einsatz sind von Anlage zu Anlage unterschiedlich, aber in großen Teilen inhaltlich ähnlich. Deshalb ist bei der Wahl des Werkzeugs auf Flexibilität zu achten. Es muss jederzeit mehrdimensional anpassbar sein, um auf die Anforderungen der jeweiligen Anlage optimiert werden zu können.

6.5. DIZ bei Freischaltung (elektrisch)

Um z. B. einen Motor zu wechseln, muss dieser freigeschaltet werden. Dabei ist es hilfreich, wenn der Gruppenleiter E-Technik die Freischaltung bzw. den Schaltauftrag direkt bei der Arbeitserlaubnis in den Workflow anhängt.

Abbildung 8 zeigt die Prozesse und Rollen, die benötigten Daten und Dokumente sowie die Visualisierung eines R&Is zur Freischaltungsplanung.

Abb. 8: Zusammenhänge in der Instandhaltung – Visualisierung der Freischalungsplanung im R&I

7. Zusammenfassung

Die Digitalisierung des aktuellen Assetbestandes mithilfe eines Digitalen Informationszwillings ist ein sowohl innovatives als auch pragmatisches Konzept, das die Sicherheit und Effizienz speziell in verfahrens- und elektrotechnischen Anlagen der Energie- und Abfallwirtschaft durch verbesserte Handlungsfähigkeit auf moderner Basis in Instandhaltung und Betrieb erhöhen kann.

Jede effiziente Modernisierung basiert auf einer guten Planung und jede gute Planung basiert auf zuverlässiger Kenntnis des IST-Standes. Dieser AS-BUILTStand muss nicht nur grundsätzlich bekannt, sondern auch jedem im Projektteam inkl. Partnern und Lieferanten zugänglich sein. Dies kann nur mit einer zentralen Datenbank gelingen, einer Single-Source-of-Truth.

Durch die Erstellung von Digitalen Informationszwillingen können Sie Ihre Handlungsfähigkeit in Instandhaltung und Betrieb verbessern. Ein Informationszwilling ist eine virtuelle Abbildung einer realen Anlage, der eine interaktive Visualisierung ermöglicht. Er dient neben einer validen Planungsgrundlage auch später im Betrieb als die eine Quelle für Wartung und Instandhaltung, Schichtplanung bis hin zur Erstellung von Handbüchern.

Insbesondere bei der Modernisierung der Leittechnik macht es Sinn, die bestehenden Beziehungen einzelner Bauteile in digitalen Kontext zueinander zu setzen. Die R&I-Fließbilder stellen die Anlage verfahrenstechnisch dar. So werden Abhängigkeiten schnell erkannt und die Leittechnik greift auf aktuelle und richtige Daten zu. Das verbessert die Planbarkeit, steigert die Vergleichbarkeit der Angebote und spart so Kosten. Auch für die Digitalisierung des Freigabe-Managements ist ein Informationszwilling für sicheres Arbeiten nach dem Generationenwechsel unabdingbar, da er das wertvolle Wissen konservieren und so die Lücken schließen kann.

Die Digitalisierung im Zuge einer Modernisierung mithilfe eines Informationszwillings ist also eine vielversprechende Möglichkeit, um die Sicherheit und Eff izienz in verfahrenstechnischen und elektrotechnischen Anlagen zu steigern. Durch die Nutzung des Instandhaltungs-Planungs-Systems AVIS® kann man alle Vorteile des Informationszwillings ausschöpfen, die Anlagen-Informationen in das digitale Zeitalter überführen – und multidimensional nutzen!

Die Realisierung eines Digitalen Informationszwillings erfordert eine sorgfältige Planung und Umsetzung, die auf den spezifischen Bedürfnissen und Gegebenheiten der Anlage basiert. Dabei ist es wichtig, dass diejenigen, die das Anlagenwissen besitzen, noch im Unternehmen sind und in den Prozess eingebunden werden. Außerdem ist es entscheidend, dass der Dokumentenbestand der Anlage dem aktuellen Stand entspricht und alle relevanten Informationen für sicheres und gesetzeskonformes Arbeiten enthält. Um diese Herausforderungen zu meistern, ist es ratsam, sich auf einen erfahrenen und kompetenten Projektpartner zu verlassen, der die nötige Softwarelösung anbietet und bei der Implementierung unterstützt.